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  • Was Sie über die Staatsanwaltschaft wissen sollten

    Der Staatsanwaltschaft obliegt die Strafverfolgung, nicht aber - anders als in der ehemaligen DDR - auch die allgemeine Gesetzlichkeitsaufsicht über andere Behörden und sonstige Einrichtungen.

    Viele sehen allerdings in einem Staatsanwalt nur den Ankläger, der in seinem Plädoyer in der Hauptverhandlung vor Gericht die Verurteilung eines  Angeklagten beantragt.

    Mit dieser Vorstellung wären die Funktionen und die Aufgaben der Staatsanwaltschaft aber nur sehr unvollständig erfasst. Denn nur ein Teil der von der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahren mündet in einer Anklage. Aber auch dann, wenn die Beschuldigten von der Staatsanwaltschaft angeklagt worden sind, bedeutet dies noch nicht, dass die Staatsanwaltschaft am Ende der Hauptverhandlung die Verurteilung der Angeklagten beantragt. Denn die Staatsanwaltschaft ist nach deutschem Strafverfahrensrecht nicht - wie etwa in den USA - Partei, sondern ein dem Gericht gleichgeordnetes Organ der Strafrechtspflege, das wie das Gericht nicht einseitig nur das Belastende, sondern ebenso das die Beschuldigten Entlastende zu berücksichtigen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (siehe zuletzt die Entscheidung vom 19. März 2013 http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20130319_2bvr262810.html) sind Staatsanwaltschaft und Gericht im Strafverfahren der Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichtet. Das bedeutet, dass sie den wahren Sachverhalt zu erforschen haben, damit sich die Unschuld des Beschuldigten erweisen oder er einer gerechten Strafe zugeführt werden kann, denn das Prinzip des gerechten Schuldausgleichs hat Verfassungsrang. Die Verpflichtung zur Objektivität besteht für die Staatsanwaltschaft nicht erst in der der gerichtlichen Hauptverhandlung, sondern schon in dem vorhergehenden Verfahrensabschnitt, dem sogenannten Ermittlungsverfahren. Hierfür bestimmt die Strafprozessordnung (StPO) in § 160 Abs. 2 ausdrücklich: Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln…

    Wie aber kommt es überhaupt zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens? In den meisten Fällen ist eine Strafanzeige, die jemand gegen die Beschuldigten erstattet hat, der Anlass für die Aufnahme der Ermittlungen. Aber abgesehen von bestimmten Delikten, bei denen das Gesetz die Strafverfolgung ausdrücklich von einem Strafantrag der durch die Straftat Geschädigten (Verletzten) abhängig macht, ist die Staatsanwaltschaft grundsätzlich auch ohne eine Strafanzeige und ohne einen Strafantrag zu Ermittlungen verpflichtet, wenn sie den Anfangsverdacht für eine Straftat  geschöpft hat. Das ist gemäß § 152 Abs.2 StPO der Fall, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkten  für eine verfolgbare Straftat vorliegen. Diese Ermittlungspflicht bei Vorliegen eines Anfangsverdachts bezeichnet man als Legalitätsprinzip, das die Verfolgung jeder Straftat ohne Ansehen der Person gewährleisten soll. Das Legalitätsprinzip ist also der wichtigste Garant für eine gleichmäßige, von Willkür freie Strafverfolgung und damit eine wesentliche Voraussetzung für das Vertrauen der Bevölkerung in eine gerechte Justiz. Nach Auffassung des früheren Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Wilfried Hassemer, untersagt dieser Grundpfeiler unseres rechtsstaatlichen Strafrechts der Staatsanwaltschaft auch, ihre Entscheidung über eine Strafverfolgung von deren Folgen her zu funktionalisieren, denn das Legalitätsprinzip sei vollständig zerstört, wenn sie von Fall zu Fall darüber befinde, ob im Interesse der Vermeidung schädlicher Folgen ermittelt und verfolgt werden sollte oder nicht: Für die Strafverfolgung verordnet das Legalitätsprinzip blinden Automatismus anstatt kluger Zweckverfolgung - oder es verordnet gar nichts. Damit unterscheidet sich eine der bedeutsamsten staatsanwaltschaftlichen Entscheidungsfindungen grundlegend von solchen im politischen Raum, sodass Konflikte zwischen Staatsanwaltschaft und Politik unvermeidlich erscheinen. Andererseits bedarf die Prüfung des Anfangsverdachts wegen der - trotz Geltung der Unschuldungsvermutung - de facto stigmatisierenden Wirkung des Ermittlungsverfahrens sorgfältiger Prüfung, was im Land Brandenburg zu Richtlinien über die Annahme eines Anfangsverdachts wegen einer Straftat geführt hat, die der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg mit Rundverfügung vom 21. August 1998 (Justizministerialblatt 1998, S.106) in Kraft gesetzt hat.

    Wenn auch die Staatsanwälte in nicht wenigen Fällen selbst die Ermittlungshandlungen führen, etwa Zeugen und Beschuldigte vernehmen, so sind sie doch bei der Durchführung ihrer Ermittlungen weitgehend auf die Hilfe anderer staatlicher Organe, insbesondere der Polizei, angewiesen. Gerade die Polizei ist wegen ihrer personellen Ausstattung, ihres technischen Apparats und der besonderen kriminalistischen Ausbildung für die Verbrechensaufklärung unentbehrlich. Die Polizei hat daher auch von sich aus Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen. Man spricht insoweit vom Recht des ersten Zugriffs. Danach freilich sind die Akten ohne Verzug der Staatsanwaltschaft zu übersenden. Auch wenn die Polizei Ermittlungen vornimmt, bleibt die Leitungsbefugnis bei der Staatsanwaltschaft, der von Gesetz wegen die Gesamtverantwortung für das Ermittlungsverfahren übertragen ist. Lässt sich in dessen Verlauf der Anfangsverdacht nicht so erhärten, dass im Fall einer Anklage eine Verurteilung wahrscheinlich wäre, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs.2 StPO ein.

    Andernfalls prüft die Staatsanwaltschaft, ob genügender Anlass zur Erhebung einer Anklage (oder zu einem Strafbefehlsantrag) besteht oder ob das Verfahren gegen den Beschuldigten trotz hinreichenden Tatverdachts gleichwohl - ggf. unter bestimmten Auflagen oder Weisungen - einzustellen ist. Unter bestimmten, im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen darf die Staatsanwaltschaft nämlich - teils mit, teils ohne Zustimmung des Gerichts - von der weiteren Verfolgung durch Anklageerhebung absehen, was insbesondere bei nicht schwerwiegenden Straftaten und geringer Schuld des Täters der Fall ist.

    Erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage und eröffnet das Gericht daraufhin das Hauptverfahren, dann nimmt ein Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin (in großen Verfahren auch mehrere Staatsanwälte) an der Hauptverhandlung teil. Aus ihrer Stellung als ein zur Objektivität verpflichtetes Organ der Rechtspflege folgt, dass der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft auf Freispruch zu plädieren hat, wenn er durch die Beweisaufnahme den Tatnachweis nicht geführt sieht, was das Gericht allerdings nicht an einer Verurteilung hindert, wenn es das Ergebnis der Beweisaufnahme anders als der Staatsanwalt bewertet. Gegen das am Ende der Hauptverhandlung verkündete Urteil kann auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel, d.h. Berufung oder Revision, einlegen, und zwar nicht nur zuungunsten, sondern auch zugunsten des Angeklagten.

    Mit dem Abschluss der Hauptverhandlung oder des Berufungs- oder Revisionsverfahrens ist die Aufgabe der Staatsanwaltschaft im Strafprozess aber noch nicht beendet. Denn ihr obliegt es auch, nach Eintritt der Rechtskraft eines Urteils, durch das eine Strafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung verhängt worden ist, für die Vollstreckung des Urteils zu sorgen. Die Staatsanwaltschaft ist daher (ausgenommen im Verfahren gegen Jugendliche) auch Vollstreckungsbehörde. Darüber hinaus sind ihr auch die Befugnisse zur Bewilligung von Strafaufschub und Strafunterbrechung eingeräumt.

    Abschließend noch einige Erläuterungen zum Aufbau und zur Organisation der Staatsanwaltschaften: Die Staatsanwaltschaften sind bestimmten Gerichten zugeordnet, Staatsanwaltschaften bestehen bei den Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten und beim Bundesgerichtshof. An der Spitze der Staatsanwaltschaft steht eine Leitende Oberstaatsanwältin bzw. ein Leitender Oberstaatsanwalt, die ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei den Oberlandesgerichten führen die Amtsbezeichnung Generalstaatsanwalt/Generalstaatsanwältin; an der Spitze der Staatsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof steht der Generalbundesanwalt bzw. wie derzeit die Generalbundesanwältin. Die Bundesanwaltschaft ist jedoch nicht vorgesetzte Behörde der Landesstaatsanwaltschaften, sondern lediglich für die Verfolgung bestimmter Straftaten zuständig. Daher wird die Dienstaufsicht über die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte der Länder nicht von der Generalbundesanwältin, sondern durch die Landesjustizminister und -ministerinnen ausgeübt. Die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte sind ihrerseits Vorgesetzte der Leitenden Oberstaatsanwälte/ Oberstaatsanwältinnen ihres Bezirks; diese wiederum führen die Dienstaufsicht über die Bediensteten ihrer Behörde.

    Die der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde obliegenden Geschäfte der Strafvollstreckung sind durch das Rechtspflegergesetz grundsätzlich den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern übertragen.

    In bestimmten Strafverfahren der kleineren und mittleren Kriminalität kann das Amt der Staatsanwaltschaft auch durch Amtsanwältinnen und Amtsanwälte ausgeübt werden. Sie brauchen, anders als die Staatsanwälte, nicht die Befähigung zum Richteramt zu besitzen; sie nehmen Aufgaben der Staatsanwaltschaft in Verfahren vor den Amtsgerichten wahr.

    Der Staatsanwaltschaft obliegt die Strafverfolgung, nicht aber - anders als in der ehemaligen DDR - auch die allgemeine Gesetzlichkeitsaufsicht über andere Behörden und sonstige Einrichtungen.

    Viele sehen allerdings in einem Staatsanwalt nur den Ankläger, der in seinem Plädoyer in der Hauptverhandlung vor Gericht die Verurteilung eines  Angeklagten beantragt.

    Mit dieser Vorstellung wären die Funktionen und die Aufgaben der Staatsanwaltschaft aber nur sehr unvollständig erfasst. Denn nur ein Teil der von der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahren mündet in einer Anklage. Aber auch dann, wenn die Beschuldigten von der Staatsanwaltschaft angeklagt worden sind, bedeutet dies noch nicht, dass die Staatsanwaltschaft am Ende der Hauptverhandlung die Verurteilung der Angeklagten beantragt. Denn die Staatsanwaltschaft ist nach deutschem Strafverfahrensrecht nicht - wie etwa in den USA - Partei, sondern ein dem Gericht gleichgeordnetes Organ der Strafrechtspflege, das wie das Gericht nicht einseitig nur das Belastende, sondern ebenso das die Beschuldigten Entlastende zu berücksichtigen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (siehe zuletzt die Entscheidung vom 19. März 2013 http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20130319_2bvr262810.html) sind Staatsanwaltschaft und Gericht im Strafverfahren der Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichtet. Das bedeutet, dass sie den wahren Sachverhalt zu erforschen haben, damit sich die Unschuld des Beschuldigten erweisen oder er einer gerechten Strafe zugeführt werden kann, denn das Prinzip des gerechten Schuldausgleichs hat Verfassungsrang. Die Verpflichtung zur Objektivität besteht für die Staatsanwaltschaft nicht erst in der der gerichtlichen Hauptverhandlung, sondern schon in dem vorhergehenden Verfahrensabschnitt, dem sogenannten Ermittlungsverfahren. Hierfür bestimmt die Strafprozessordnung (StPO) in § 160 Abs. 2 ausdrücklich: Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln…

    Wie aber kommt es überhaupt zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens? In den meisten Fällen ist eine Strafanzeige, die jemand gegen die Beschuldigten erstattet hat, der Anlass für die Aufnahme der Ermittlungen. Aber abgesehen von bestimmten Delikten, bei denen das Gesetz die Strafverfolgung ausdrücklich von einem Strafantrag der durch die Straftat Geschädigten (Verletzten) abhängig macht, ist die Staatsanwaltschaft grundsätzlich auch ohne eine Strafanzeige und ohne einen Strafantrag zu Ermittlungen verpflichtet, wenn sie den Anfangsverdacht für eine Straftat  geschöpft hat. Das ist gemäß § 152 Abs.2 StPO der Fall, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkten  für eine verfolgbare Straftat vorliegen. Diese Ermittlungspflicht bei Vorliegen eines Anfangsverdachts bezeichnet man als Legalitätsprinzip, das die Verfolgung jeder Straftat ohne Ansehen der Person gewährleisten soll. Das Legalitätsprinzip ist also der wichtigste Garant für eine gleichmäßige, von Willkür freie Strafverfolgung und damit eine wesentliche Voraussetzung für das Vertrauen der Bevölkerung in eine gerechte Justiz. Nach Auffassung des früheren Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Wilfried Hassemer, untersagt dieser Grundpfeiler unseres rechtsstaatlichen Strafrechts der Staatsanwaltschaft auch, ihre Entscheidung über eine Strafverfolgung von deren Folgen her zu funktionalisieren, denn das Legalitätsprinzip sei vollständig zerstört, wenn sie von Fall zu Fall darüber befinde, ob im Interesse der Vermeidung schädlicher Folgen ermittelt und verfolgt werden sollte oder nicht: Für die Strafverfolgung verordnet das Legalitätsprinzip blinden Automatismus anstatt kluger Zweckverfolgung - oder es verordnet gar nichts. Damit unterscheidet sich eine der bedeutsamsten staatsanwaltschaftlichen Entscheidungsfindungen grundlegend von solchen im politischen Raum, sodass Konflikte zwischen Staatsanwaltschaft und Politik unvermeidlich erscheinen. Andererseits bedarf die Prüfung des Anfangsverdachts wegen der - trotz Geltung der Unschuldungsvermutung - de facto stigmatisierenden Wirkung des Ermittlungsverfahrens sorgfältiger Prüfung, was im Land Brandenburg zu Richtlinien über die Annahme eines Anfangsverdachts wegen einer Straftat geführt hat, die der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg mit Rundverfügung vom 21. August 1998 (Justizministerialblatt 1998, S.106) in Kraft gesetzt hat.

    Wenn auch die Staatsanwälte in nicht wenigen Fällen selbst die Ermittlungshandlungen führen, etwa Zeugen und Beschuldigte vernehmen, so sind sie doch bei der Durchführung ihrer Ermittlungen weitgehend auf die Hilfe anderer staatlicher Organe, insbesondere der Polizei, angewiesen. Gerade die Polizei ist wegen ihrer personellen Ausstattung, ihres technischen Apparats und der besonderen kriminalistischen Ausbildung für die Verbrechensaufklärung unentbehrlich. Die Polizei hat daher auch von sich aus Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen. Man spricht insoweit vom Recht des ersten Zugriffs. Danach freilich sind die Akten ohne Verzug der Staatsanwaltschaft zu übersenden. Auch wenn die Polizei Ermittlungen vornimmt, bleibt die Leitungsbefugnis bei der Staatsanwaltschaft, der von Gesetz wegen die Gesamtverantwortung für das Ermittlungsverfahren übertragen ist. Lässt sich in dessen Verlauf der Anfangsverdacht nicht so erhärten, dass im Fall einer Anklage eine Verurteilung wahrscheinlich wäre, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs.2 StPO ein.

    Andernfalls prüft die Staatsanwaltschaft, ob genügender Anlass zur Erhebung einer Anklage (oder zu einem Strafbefehlsantrag) besteht oder ob das Verfahren gegen den Beschuldigten trotz hinreichenden Tatverdachts gleichwohl - ggf. unter bestimmten Auflagen oder Weisungen - einzustellen ist. Unter bestimmten, im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen darf die Staatsanwaltschaft nämlich - teils mit, teils ohne Zustimmung des Gerichts - von der weiteren Verfolgung durch Anklageerhebung absehen, was insbesondere bei nicht schwerwiegenden Straftaten und geringer Schuld des Täters der Fall ist.

    Erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage und eröffnet das Gericht daraufhin das Hauptverfahren, dann nimmt ein Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin (in großen Verfahren auch mehrere Staatsanwälte) an der Hauptverhandlung teil. Aus ihrer Stellung als ein zur Objektivität verpflichtetes Organ der Rechtspflege folgt, dass der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft auf Freispruch zu plädieren hat, wenn er durch die Beweisaufnahme den Tatnachweis nicht geführt sieht, was das Gericht allerdings nicht an einer Verurteilung hindert, wenn es das Ergebnis der Beweisaufnahme anders als der Staatsanwalt bewertet. Gegen das am Ende der Hauptverhandlung verkündete Urteil kann auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel, d.h. Berufung oder Revision, einlegen, und zwar nicht nur zuungunsten, sondern auch zugunsten des Angeklagten.

    Mit dem Abschluss der Hauptverhandlung oder des Berufungs- oder Revisionsverfahrens ist die Aufgabe der Staatsanwaltschaft im Strafprozess aber noch nicht beendet. Denn ihr obliegt es auch, nach Eintritt der Rechtskraft eines Urteils, durch das eine Strafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung verhängt worden ist, für die Vollstreckung des Urteils zu sorgen. Die Staatsanwaltschaft ist daher (ausgenommen im Verfahren gegen Jugendliche) auch Vollstreckungsbehörde. Darüber hinaus sind ihr auch die Befugnisse zur Bewilligung von Strafaufschub und Strafunterbrechung eingeräumt.

    Abschließend noch einige Erläuterungen zum Aufbau und zur Organisation der Staatsanwaltschaften: Die Staatsanwaltschaften sind bestimmten Gerichten zugeordnet, Staatsanwaltschaften bestehen bei den Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten und beim Bundesgerichtshof. An der Spitze der Staatsanwaltschaft steht eine Leitende Oberstaatsanwältin bzw. ein Leitender Oberstaatsanwalt, die ersten Beamten der Staatsanwaltschaft bei den Oberlandesgerichten führen die Amtsbezeichnung Generalstaatsanwalt/Generalstaatsanwältin; an der Spitze der Staatsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof steht der Generalbundesanwalt bzw. wie derzeit die Generalbundesanwältin. Die Bundesanwaltschaft ist jedoch nicht vorgesetzte Behörde der Landesstaatsanwaltschaften, sondern lediglich für die Verfolgung bestimmter Straftaten zuständig. Daher wird die Dienstaufsicht über die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte der Länder nicht von der Generalbundesanwältin, sondern durch die Landesjustizminister und -ministerinnen ausgeübt. Die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte sind ihrerseits Vorgesetzte der Leitenden Oberstaatsanwälte/ Oberstaatsanwältinnen ihres Bezirks; diese wiederum führen die Dienstaufsicht über die Bediensteten ihrer Behörde.

    Die der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde obliegenden Geschäfte der Strafvollstreckung sind durch das Rechtspflegergesetz grundsätzlich den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern übertragen.

    In bestimmten Strafverfahren der kleineren und mittleren Kriminalität kann das Amt der Staatsanwaltschaft auch durch Amtsanwältinnen und Amtsanwälte ausgeübt werden. Sie brauchen, anders als die Staatsanwälte, nicht die Befähigung zum Richteramt zu besitzen; sie nehmen Aufgaben der Staatsanwaltschaft in Verfahren vor den Amtsgerichten wahr.

  • Was Sie über den Strafprozess wissen sollten

    Das Recht zu strafen ist dem Staat vorbehalten. Aus diesem staatlichen Gewaltmonopol in der Strafrechtspflege erwächst die Pflicht des Staates, für den Schutz seiner Bürger Sorge zu tragen. Dies geschieht einerseits auf Grund des Strafgesetzbuches und einer Vielzahl anderer Gesetze, die regeln, welches Verhalten unter Strafandrohung verboten ist und welche Sanktionen bei Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift drohen. Andererseits ist es eine Aufgabe des Staates, durch entsprechende Vorschriften eine staatliche Verfolgung und Überführung von Rechtsbrechern zu ermöglichen und den Rechtsfrieden durch endgültigen Abschluss des Verfahrens zu erneuern. Dabei hat der Staat sicherzustellen, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden. 

    Deshalb besteht die Aufgabe des Strafprozesses darin, in einem geordneten Verfahren die Schuld oder Nichtschuld der Angeklagten festzustellen und so gerechte Urteile zu ermöglichen. 

    Da ein Strafverfahren für die Betroffenen einen einschneidenden Eingriff darstellt, muss sichergestellt werden, dass die Beschuldigten durch das Verfahren nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar in ihren Belangen beeinträchtigt werden. Strenge Vorschriften in der Strafprozessordnung (StPO) und im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) regeln deshalb den Verfahrensablauf und ziehen die Grenze zwischen den Eingriffsbefugnissen des Staates einerseits und den Rechten der Beschuldigten andererseits. So haben Beschuldigte z. B. einen Anspruch darauf, nicht im unklaren darüber gelassen zu werden, was ihnen vorgeworfen wird. § 136 StPO (Erste Vernehmung) bestimmt daher: 

     (1) Bei Beginn der ersten Vernehmung ist den Beschuldigten zu eröffnen, welche tat ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Er ist ferner darüber zu belehren, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf hingewiesen werden, dass er sich schriftlich äußern kann. 

    (2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen. 

    Über die Verteidigung heißt es in der Strafprozessordnung (§ 137 Abs. 1 Satz 1 StPO) weiter: Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. 

    Unter gewissen Voraussetzungen und in bestimmten Strafverfahren ist die Mitwirkung sogar unerlässlich. Darüber hinaus schreibt § 140 Abs. 2 StPO vor, dass dem Beschuldigten ein Verteidiger bestellt werden muss, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. 

    In welche Verfahrensabschnitte gliedert sich nun ein Strafprozess? 

    Es werden drei aufeinanderfolgende Abschnitte des Strafprozesses unterschieden: das Vorverfahren, das Zwischenverfahren und das Hauptverfahren. 

    Das Vorverfahren, auch Ermittlungsverfahren genannt, steht unter der Herrschaft der Staatsanwaltschaft. Sobald sie vom Verdacht einer strafbaren Handlung erfährt, hat sie den Sachverhalt zu erforschen. Es steht also nicht in ihrem Belieben, ob sie einschreiten will oder nicht; sie ist vielmehr zur Strafverfolgung gesetzlich verpflichtet (Legalitätsprinzip). Nur unter bestimmten, im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen darf sie (teils mit, teil ohne Zustimmung des Gerichts) von der weiteren Verfolgung und ggf. der Anklageerhebung absehen. Bei der Erforschung des Sachverhalts hat die Staatsanwaltschaft auch die den Beschuldigten entlastenden Umstände zu ermitteln. Sie ist strenger Objektivität verpflichtet. 

    Bei der Verbrechensbekämpfung unterstützen sie andere staatliche Organe, vor allem die Polizei. Wenn im Verlauf des Ermittlungsverfahrens der Erlass eines (Untersuchungs-) Haftbefehls in Betracht kommt, wendet sich die Staatsanwaltschaft an den Ermittlungsrichter. Denn die Entscheidung über Freiheitsentziehung ist den mit allen Garantien persönlicher und sachlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Richtern vorbehalten (Artikel 104 Abs. 2 des Grundgesetzes). Auch sind ggf. sonstige Zwangsmaßnahmen, die in die Rechte einer Person eingreifen, wie Beschlagnahmen, die Entnahme einer Blutprobe, Durchsuchungen und körperliche Untersuchungen durch richterliche Anordnung zu treffen. Nur bei Gefahr im Verzug können derartige Anordnungen auch von der  Staatsanwaltschaft und teilweise auch von anderen Beamten, z. B. der Polizei, getroffen werden. 

    Ob dann nach Abschluss der Ermittlungen das Verfahren eingestellt wird oder genügender Anlass besteht, Anklage zu erheben, entscheidet die Staatsanwaltschaft. In der überwiegenden Zahl der Ermittlungsverfahren kommt es allerdings nicht zur Anklageerhebung. Daran wird deutlich, dass das von einem verbreiteten Vorurteil geprägte Bild der nur anklagenden Staatsanwaltschaft ein Zerrbild ist. Die Staatsanwaltschaft wird vielmehr durchaus ihrer Aufgabe gerecht, nicht nur zu verfolgen, sondern die Bürger auch vor ungerechtfertigten oder unzulänglichen Beschuldigungen zu schützen. Haben Sie selbst Strafanzeige erstattet und hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt, so können Sie, wenn Sie durch die Straftat betroffen (verletzt) sind, gegen den Einstellungsbescheid Beschwerde einlegen und - im Falle der Ablehnung der Beschwerde - eine gerichtliche Entscheidung beantragen. Auf diese Weise kann die Staatsanwaltschaft unter Umständen durch das Gericht zur Anklageerhebung veranlasst werden. 

    Nach Abschluss des Vorverfahrens, d. h,. mit Anklageerhebung, beginnt das Zwischenverfahren. In diesem Stadium entscheidet das Gericht darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen, d. h. ob ein Hauptverhandlungstermin anzuberaumen ist.

    Dazu stellt sich zunächst den Angeschuldigten die Anklageschrift zu und befasst sich mit etwaigen Einwendungen und Anträgen. Es kann auch einzelne Beweiserhebungen anordnen. Wenn nach Auffassung des Gerichts die Angeschuldigten einer Straftat nicht hinreichend verdächtig erscheinen, lehnt es die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. 

    Anderenfalls beschließt es die Eröffnung des Hauptverfahrens, lässt die Anklage - ggf. mit Änderungen - zur Hauptverhandlung zu und bestimmt für diese Verhandlung einen Termin.

    Die Hauptverhandlung vor dem erkennenden Gericht ist der Schwerpunkt des Strafverfahrens. Welches Gericht für diese Verhandlung sachlich zuständig ist, hängt nach dem Gerichtsverfassungsgesetz von der Art des Tatvorwurfs ab. Je nach der Bedeutung des Falles entscheidet entweder eine Richterin bzw. ein Richter am Amtsgericht als Einzelrichter (Strafrichter) oder das Schöffengericht, das aus einem Berufsrichter am Amtsgericht (bei umfangreichen Sachen auch aus zweien) und zwei Laienrichtern, den sog. Schöffen besteht, oder die Große Strafkammer des Landgerichts mit drei, u. U. nur mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Bei bestimmten Delikten (z. B. schweren Staatsschutzdelikten) ist das Oberlandesgericht erste Instanz. Welcher Richter oder welches Schöffengericht (bei dem Amtsgericht) oder welche Strafkammer (bei dem Landgericht) oder welcher Strafsenat (bei dem Oberlandesgericht) zur Entscheidung zuständig ist, richtet sich nach einem vor Beginn jeden Jahres durch das Präsidium aufzustellenden Geschäftsverteilungsplan. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass sich das im einzelnen Fall zur Entscheidung berufene Gericht nach abstrakten Regeln - ohne Ansehen der Person - bestimmt, dass also niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen wird. Dies ist ein rechtsstaatlicher Grundsatz, der im Grundgesetz ausdrücklich verankert ist. So heißt es in Artikel 101 Abs. 1 des Grundgesetzes:

    Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. 

    Die Hauptverhandlung gestaltet sich wie folgt: Zu Beginn der Hauptverhandlung werden Angeklagte zunächst über ihre persönlichen Verhältnisse vernommen. Dann verliest eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt den Anklagesatz, und den Angeklagten wird Gelegenheit gegeben, sich zur Sache zu äußern. Dabei können sie alle zu ihren Gunsten sprechenden Umstände vorbringen. Sie können aber auch von ihrem Recht Gebrauch machen, ganz oder auf einzelne Fragen zu schweigen. Dann folgt die Beweisaufnahme, für die § 244 Abs. 2 StPO vorschreibt:

    Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 Abs. 2 StPO).

    Das Gericht hat sich somit durch Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen, durch Verwertung von Urkunden und sonstigen als Beweismittel dienenden Schriftstücken und Gegenständen, u. U. auch durch eine Ortsbesichtigung, selbst ein Bild von der Berechtigung des Anklagevorwurfs machen (Grundsatz der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit in der Hauptverhandlung). Deshalb müssen Zeugen, die bereits vor Polizei, Staatsanwaltschaft oder Ermittlungsrichter bzw. -richterin ihre Aussage zu Protokoll gegeben haben, noch einmal ihr Wissen vortragen und auf Fragen antworten. Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen, Sachverständigen oder Mitangeklagten sowie nach der Verlesung eines jeden Schriftstücks werden die Angeklagten befragt, ob sie dazu etwas erklären möchten. Auch Verteidigung und Staatsanwaltschaft haben nach jeder einzelnen Beweiserhebung Gelegenheit zur Äußerung und können auch wie der Angeklagte Beweisanträge stellen, die das Gericht nur unter bestimmten Voraussetzungen ablehnen darf (§ 244 Abs. 3-5, §§ 245, 246 StPO). 

    Nach dem Schluss der Beweisaufnahme erhalten zunächst die Staatsanwaltschaft und dann der Angeklagte und sein Verteidiger zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort. Der Angeklagte wird, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, befragt, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung ausführen möchte. Der Angeklagte hat daher in jedem Fall das letzt Wort, bevor sich das Gericht zur Beratung zurückzieht. 

    Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung (Grundsatz der freien Beweiswürdigung), Kann das Gericht die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten nicht gewinnen, bleiben für das Gericht also letzte Zweifel bestehen, so darf es ihn nicht verurteilen (Im Zweifel für den Angeklagten), mag auch die Wahrscheinlichkeit für seine Schuld sprechen. 

    Die Hauptverhandlung schließt mit der Verkündigung des Urteils. Es wird Im Namen des Volkes durch Verlesung der Urteilsformel und Mitteilung der Urteilsgründe verkündet. Damit ist das Verfahren in erster Instanz abgeschlossen. 

    Wird gegen ein Urteil weder von der Staatsanwaltschaft noch von dem Verurteilten ein Rechtsmittel (Berufung/Revision) eingelegt, oder bleibt das Rechtsmittel erfolglos, so wird das Urteil rechtskräftig. Eine Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens ist nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. die Vollstreckung des Urteils liegt, von Verfahren gegen Jugendliche abgesehen, bei der Staatsanwaltschaft. 

    Eine vereinfachte Verfahrensart: Das Strafbefehlsverfahren

    Dies ist ein Verfahren, in dem das Gericht ohne Hauptverhandlung entscheidet; es ist nur in weniger bedeutsamen Sachen zulässig. Die Staatsanwaltschaft kann in solchen Fällen bei dem Gericht den Erlass eines Strafbefehls beantragen. Hat das Gericht Bedenken, ohne eine Hauptverhandlung zu entscheiden, oder hält es eine andere als die beantragte Rechtsfolge für richtig, verbleibt aber die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrag, so bestimmt es einen Verhandlungstermin und leitet den Fall damit in das normale Strafverfahren über. Gegen einen vom Gericht erlassenen Strafbefehl kann der Beschuldigte Einspruch einlegen und auf diese Weise erreichen, dass eine Hauptverhandlung anberaumt wird. Legt er keinen Einspruch ein, so wird der Strafbefehl rechtskräftig. 

    Beteiligung der Verletzten, Opferschutz

    Das Gesetz sieht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit vor, dass sich die durch eine Straftat Geschädigten (Verletzten) am Verfahren beteiligen: 

    Die Privatklage ermöglicht es den Verletzten, bei einigen, die Allgemeinheit weniger berührenden Delikten, wie etwa Hausfriedensbruch oder Beleidigung, das Verfahren an Stelle der Staatsanwaltschaft als Ankläger zu betreiben. Die Staatsanwaltschaft braucht also, wenn das öffentliche Interesse es nicht erfordert, in solchen Fällen keine Anklage zu erheben. Die Zulässigkeit der Privatklage ist allerdings in der Regel vom Scheitern eines vorhergehenden Sühneversuchs vor einer Vergleichsbehörde (Schiedsstelle) abhängig. Die Staatsanwaltschaft kann in jeder Lage des Verfahrens die Sache übernehmen. Der Privatkläger rückt dann in die Stellung eines Nebenklägers ein. 

    Mit der Nebenklage können sich diejenigen Verletzten, die durch schwerwiegende Straftaten gegen ihre höchstpersönlichen Rechtsgüter betroffen sind, beispielsweise Opfer von Vergewaltigungen, Geiselnahmen oder schwere Körperverletzungen, der von der Staatsanwaltschaft erhobenen öffentlichen Klage anschließen. Auch in einigen weiteren Fällen lässt das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen, deren Darstellung hier zu weit führen würde, die Beteiligung der Verletzten, die auf ihre Befugnisse von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht rechtzeitig hinzuweisen sind, an einem Strafverfahren als Nebenkläger zu. Nach Zulassung zum Verfahren durch das Gericht haben Nebenkläger die Stellung neben der Staatsanwaltschaft zusätzlich am Verfahren Beteiligter; sie können insbesondere Anträge stellen und Rechtsmittel einlegen. Dabei können sie sich auch bereits vor Erhebung der öffentlichen Klage eines Rechtsbeistandes bedienen, für dessen Hinzuziehung auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bewilligt werden kann. 

    Das sog. Anschluss- und Adhäsionsverfahren bietet den Verletzten die Möglichkeit, einen gegen den Beschuldigten aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch bereits im Strafverfahren geltend zu machen. Eine der Voraussetzungen hierfür ist allerdings, dass der Anspruch noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig gemacht ist. Das Opferschutzgesetz aus dem Jahre 1986 hat darüber hinaus die den Opfern von Straftaten zustehenden Befugnisse zusammengefasst und erweitert. Es eröffnet den Verletzten die Möglichkeit, sich in einem weiteren Umfang am Strafverfahren zu beteiligen und räumt ihnen eine gesicherte Rechtsposition zur Geltendmachung ihrer Interessen und zur Abwehr von Angriffen ein. Zu diesem Zweck sind insbesondere die Informationsmöglichkeiten der Verletzten erweitert und die Voraussetzungen verbessert worden, unter denen sie sich eines rechtskundigen Beistands bedienen können.

    Durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 wurde die Möglichkeit des Täter-Opfer-Ausgleichs, Schadenswiedergutmachung als § 46 a in das Strafgesetzbuch eingefügt. Diese Vorschrift ermöglicht es, dem von einer Straftat Betroffenen unter Zuhilfenahme eines Schlichters mit dem Täter zu einem Ausgleich zu kommen, der von einer Entschuldigung über Schadenswiedergutmachungsleistungen bis zur Zahlung von Schmerzensgeld reichen kann. Falls es so gelingt, zwischen dem Opfer einer Straftat und dem Täter eine einvernehmliche Lösung zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens zu schaffen, kann das Gericht bei der Verurteilung des Täters die Strafe mildern oder ganz von Strafe absehen.

    Das Recht zu strafen ist dem Staat vorbehalten. Aus diesem staatlichen Gewaltmonopol in der Strafrechtspflege erwächst die Pflicht des Staates, für den Schutz seiner Bürger Sorge zu tragen. Dies geschieht einerseits auf Grund des Strafgesetzbuches und einer Vielzahl anderer Gesetze, die regeln, welches Verhalten unter Strafandrohung verboten ist und welche Sanktionen bei Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift drohen. Andererseits ist es eine Aufgabe des Staates, durch entsprechende Vorschriften eine staatliche Verfolgung und Überführung von Rechtsbrechern zu ermöglichen und den Rechtsfrieden durch endgültigen Abschluss des Verfahrens zu erneuern. Dabei hat der Staat sicherzustellen, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden. 

    Deshalb besteht die Aufgabe des Strafprozesses darin, in einem geordneten Verfahren die Schuld oder Nichtschuld der Angeklagten festzustellen und so gerechte Urteile zu ermöglichen. 

    Da ein Strafverfahren für die Betroffenen einen einschneidenden Eingriff darstellt, muss sichergestellt werden, dass die Beschuldigten durch das Verfahren nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar in ihren Belangen beeinträchtigt werden. Strenge Vorschriften in der Strafprozessordnung (StPO) und im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) regeln deshalb den Verfahrensablauf und ziehen die Grenze zwischen den Eingriffsbefugnissen des Staates einerseits und den Rechten der Beschuldigten andererseits. So haben Beschuldigte z. B. einen Anspruch darauf, nicht im unklaren darüber gelassen zu werden, was ihnen vorgeworfen wird. § 136 StPO (Erste Vernehmung) bestimmt daher: 

     (1) Bei Beginn der ersten Vernehmung ist den Beschuldigten zu eröffnen, welche tat ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Er ist ferner darüber zu belehren, dass er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf hingewiesen werden, dass er sich schriftlich äußern kann. 

    (2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen. 

    Über die Verteidigung heißt es in der Strafprozessordnung (§ 137 Abs. 1 Satz 1 StPO) weiter: Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. 

    Unter gewissen Voraussetzungen und in bestimmten Strafverfahren ist die Mitwirkung sogar unerlässlich. Darüber hinaus schreibt § 140 Abs. 2 StPO vor, dass dem Beschuldigten ein Verteidiger bestellt werden muss, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. 

    In welche Verfahrensabschnitte gliedert sich nun ein Strafprozess? 

    Es werden drei aufeinanderfolgende Abschnitte des Strafprozesses unterschieden: das Vorverfahren, das Zwischenverfahren und das Hauptverfahren. 

    Das Vorverfahren, auch Ermittlungsverfahren genannt, steht unter der Herrschaft der Staatsanwaltschaft. Sobald sie vom Verdacht einer strafbaren Handlung erfährt, hat sie den Sachverhalt zu erforschen. Es steht also nicht in ihrem Belieben, ob sie einschreiten will oder nicht; sie ist vielmehr zur Strafverfolgung gesetzlich verpflichtet (Legalitätsprinzip). Nur unter bestimmten, im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen darf sie (teils mit, teil ohne Zustimmung des Gerichts) von der weiteren Verfolgung und ggf. der Anklageerhebung absehen. Bei der Erforschung des Sachverhalts hat die Staatsanwaltschaft auch die den Beschuldigten entlastenden Umstände zu ermitteln. Sie ist strenger Objektivität verpflichtet. 

    Bei der Verbrechensbekämpfung unterstützen sie andere staatliche Organe, vor allem die Polizei. Wenn im Verlauf des Ermittlungsverfahrens der Erlass eines (Untersuchungs-) Haftbefehls in Betracht kommt, wendet sich die Staatsanwaltschaft an den Ermittlungsrichter. Denn die Entscheidung über Freiheitsentziehung ist den mit allen Garantien persönlicher und sachlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Richtern vorbehalten (Artikel 104 Abs. 2 des Grundgesetzes). Auch sind ggf. sonstige Zwangsmaßnahmen, die in die Rechte einer Person eingreifen, wie Beschlagnahmen, die Entnahme einer Blutprobe, Durchsuchungen und körperliche Untersuchungen durch richterliche Anordnung zu treffen. Nur bei Gefahr im Verzug können derartige Anordnungen auch von der  Staatsanwaltschaft und teilweise auch von anderen Beamten, z. B. der Polizei, getroffen werden. 

    Ob dann nach Abschluss der Ermittlungen das Verfahren eingestellt wird oder genügender Anlass besteht, Anklage zu erheben, entscheidet die Staatsanwaltschaft. In der überwiegenden Zahl der Ermittlungsverfahren kommt es allerdings nicht zur Anklageerhebung. Daran wird deutlich, dass das von einem verbreiteten Vorurteil geprägte Bild der nur anklagenden Staatsanwaltschaft ein Zerrbild ist. Die Staatsanwaltschaft wird vielmehr durchaus ihrer Aufgabe gerecht, nicht nur zu verfolgen, sondern die Bürger auch vor ungerechtfertigten oder unzulänglichen Beschuldigungen zu schützen. Haben Sie selbst Strafanzeige erstattet und hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt, so können Sie, wenn Sie durch die Straftat betroffen (verletzt) sind, gegen den Einstellungsbescheid Beschwerde einlegen und - im Falle der Ablehnung der Beschwerde - eine gerichtliche Entscheidung beantragen. Auf diese Weise kann die Staatsanwaltschaft unter Umständen durch das Gericht zur Anklageerhebung veranlasst werden. 

    Nach Abschluss des Vorverfahrens, d. h,. mit Anklageerhebung, beginnt das Zwischenverfahren. In diesem Stadium entscheidet das Gericht darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen, d. h. ob ein Hauptverhandlungstermin anzuberaumen ist.

    Dazu stellt sich zunächst den Angeschuldigten die Anklageschrift zu und befasst sich mit etwaigen Einwendungen und Anträgen. Es kann auch einzelne Beweiserhebungen anordnen. Wenn nach Auffassung des Gerichts die Angeschuldigten einer Straftat nicht hinreichend verdächtig erscheinen, lehnt es die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. 

    Anderenfalls beschließt es die Eröffnung des Hauptverfahrens, lässt die Anklage - ggf. mit Änderungen - zur Hauptverhandlung zu und bestimmt für diese Verhandlung einen Termin.

    Die Hauptverhandlung vor dem erkennenden Gericht ist der Schwerpunkt des Strafverfahrens. Welches Gericht für diese Verhandlung sachlich zuständig ist, hängt nach dem Gerichtsverfassungsgesetz von der Art des Tatvorwurfs ab. Je nach der Bedeutung des Falles entscheidet entweder eine Richterin bzw. ein Richter am Amtsgericht als Einzelrichter (Strafrichter) oder das Schöffengericht, das aus einem Berufsrichter am Amtsgericht (bei umfangreichen Sachen auch aus zweien) und zwei Laienrichtern, den sog. Schöffen besteht, oder die Große Strafkammer des Landgerichts mit drei, u. U. nur mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Bei bestimmten Delikten (z. B. schweren Staatsschutzdelikten) ist das Oberlandesgericht erste Instanz. Welcher Richter oder welches Schöffengericht (bei dem Amtsgericht) oder welche Strafkammer (bei dem Landgericht) oder welcher Strafsenat (bei dem Oberlandesgericht) zur Entscheidung zuständig ist, richtet sich nach einem vor Beginn jeden Jahres durch das Präsidium aufzustellenden Geschäftsverteilungsplan. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass sich das im einzelnen Fall zur Entscheidung berufene Gericht nach abstrakten Regeln - ohne Ansehen der Person - bestimmt, dass also niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen wird. Dies ist ein rechtsstaatlicher Grundsatz, der im Grundgesetz ausdrücklich verankert ist. So heißt es in Artikel 101 Abs. 1 des Grundgesetzes:

    Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. 

    Die Hauptverhandlung gestaltet sich wie folgt: Zu Beginn der Hauptverhandlung werden Angeklagte zunächst über ihre persönlichen Verhältnisse vernommen. Dann verliest eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt den Anklagesatz, und den Angeklagten wird Gelegenheit gegeben, sich zur Sache zu äußern. Dabei können sie alle zu ihren Gunsten sprechenden Umstände vorbringen. Sie können aber auch von ihrem Recht Gebrauch machen, ganz oder auf einzelne Fragen zu schweigen. Dann folgt die Beweisaufnahme, für die § 244 Abs. 2 StPO vorschreibt:

    Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 Abs. 2 StPO).

    Das Gericht hat sich somit durch Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen, durch Verwertung von Urkunden und sonstigen als Beweismittel dienenden Schriftstücken und Gegenständen, u. U. auch durch eine Ortsbesichtigung, selbst ein Bild von der Berechtigung des Anklagevorwurfs machen (Grundsatz der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit in der Hauptverhandlung). Deshalb müssen Zeugen, die bereits vor Polizei, Staatsanwaltschaft oder Ermittlungsrichter bzw. -richterin ihre Aussage zu Protokoll gegeben haben, noch einmal ihr Wissen vortragen und auf Fragen antworten. Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen, Sachverständigen oder Mitangeklagten sowie nach der Verlesung eines jeden Schriftstücks werden die Angeklagten befragt, ob sie dazu etwas erklären möchten. Auch Verteidigung und Staatsanwaltschaft haben nach jeder einzelnen Beweiserhebung Gelegenheit zur Äußerung und können auch wie der Angeklagte Beweisanträge stellen, die das Gericht nur unter bestimmten Voraussetzungen ablehnen darf (§ 244 Abs. 3-5, §§ 245, 246 StPO). 

    Nach dem Schluss der Beweisaufnahme erhalten zunächst die Staatsanwaltschaft und dann der Angeklagte und sein Verteidiger zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort. Der Angeklagte wird, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, befragt, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung ausführen möchte. Der Angeklagte hat daher in jedem Fall das letzt Wort, bevor sich das Gericht zur Beratung zurückzieht. 

    Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung (Grundsatz der freien Beweiswürdigung), Kann das Gericht die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten nicht gewinnen, bleiben für das Gericht also letzte Zweifel bestehen, so darf es ihn nicht verurteilen (Im Zweifel für den Angeklagten), mag auch die Wahrscheinlichkeit für seine Schuld sprechen. 

    Die Hauptverhandlung schließt mit der Verkündigung des Urteils. Es wird Im Namen des Volkes durch Verlesung der Urteilsformel und Mitteilung der Urteilsgründe verkündet. Damit ist das Verfahren in erster Instanz abgeschlossen. 

    Wird gegen ein Urteil weder von der Staatsanwaltschaft noch von dem Verurteilten ein Rechtsmittel (Berufung/Revision) eingelegt, oder bleibt das Rechtsmittel erfolglos, so wird das Urteil rechtskräftig. Eine Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens ist nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. die Vollstreckung des Urteils liegt, von Verfahren gegen Jugendliche abgesehen, bei der Staatsanwaltschaft. 

    Eine vereinfachte Verfahrensart: Das Strafbefehlsverfahren

    Dies ist ein Verfahren, in dem das Gericht ohne Hauptverhandlung entscheidet; es ist nur in weniger bedeutsamen Sachen zulässig. Die Staatsanwaltschaft kann in solchen Fällen bei dem Gericht den Erlass eines Strafbefehls beantragen. Hat das Gericht Bedenken, ohne eine Hauptverhandlung zu entscheiden, oder hält es eine andere als die beantragte Rechtsfolge für richtig, verbleibt aber die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrag, so bestimmt es einen Verhandlungstermin und leitet den Fall damit in das normale Strafverfahren über. Gegen einen vom Gericht erlassenen Strafbefehl kann der Beschuldigte Einspruch einlegen und auf diese Weise erreichen, dass eine Hauptverhandlung anberaumt wird. Legt er keinen Einspruch ein, so wird der Strafbefehl rechtskräftig. 

    Beteiligung der Verletzten, Opferschutz

    Das Gesetz sieht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit vor, dass sich die durch eine Straftat Geschädigten (Verletzten) am Verfahren beteiligen: 

    Die Privatklage ermöglicht es den Verletzten, bei einigen, die Allgemeinheit weniger berührenden Delikten, wie etwa Hausfriedensbruch oder Beleidigung, das Verfahren an Stelle der Staatsanwaltschaft als Ankläger zu betreiben. Die Staatsanwaltschaft braucht also, wenn das öffentliche Interesse es nicht erfordert, in solchen Fällen keine Anklage zu erheben. Die Zulässigkeit der Privatklage ist allerdings in der Regel vom Scheitern eines vorhergehenden Sühneversuchs vor einer Vergleichsbehörde (Schiedsstelle) abhängig. Die Staatsanwaltschaft kann in jeder Lage des Verfahrens die Sache übernehmen. Der Privatkläger rückt dann in die Stellung eines Nebenklägers ein. 

    Mit der Nebenklage können sich diejenigen Verletzten, die durch schwerwiegende Straftaten gegen ihre höchstpersönlichen Rechtsgüter betroffen sind, beispielsweise Opfer von Vergewaltigungen, Geiselnahmen oder schwere Körperverletzungen, der von der Staatsanwaltschaft erhobenen öffentlichen Klage anschließen. Auch in einigen weiteren Fällen lässt das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen, deren Darstellung hier zu weit führen würde, die Beteiligung der Verletzten, die auf ihre Befugnisse von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht rechtzeitig hinzuweisen sind, an einem Strafverfahren als Nebenkläger zu. Nach Zulassung zum Verfahren durch das Gericht haben Nebenkläger die Stellung neben der Staatsanwaltschaft zusätzlich am Verfahren Beteiligter; sie können insbesondere Anträge stellen und Rechtsmittel einlegen. Dabei können sie sich auch bereits vor Erhebung der öffentlichen Klage eines Rechtsbeistandes bedienen, für dessen Hinzuziehung auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bewilligt werden kann. 

    Das sog. Anschluss- und Adhäsionsverfahren bietet den Verletzten die Möglichkeit, einen gegen den Beschuldigten aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch bereits im Strafverfahren geltend zu machen. Eine der Voraussetzungen hierfür ist allerdings, dass der Anspruch noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig gemacht ist. Das Opferschutzgesetz aus dem Jahre 1986 hat darüber hinaus die den Opfern von Straftaten zustehenden Befugnisse zusammengefasst und erweitert. Es eröffnet den Verletzten die Möglichkeit, sich in einem weiteren Umfang am Strafverfahren zu beteiligen und räumt ihnen eine gesicherte Rechtsposition zur Geltendmachung ihrer Interessen und zur Abwehr von Angriffen ein. Zu diesem Zweck sind insbesondere die Informationsmöglichkeiten der Verletzten erweitert und die Voraussetzungen verbessert worden, unter denen sie sich eines rechtskundigen Beistands bedienen können.

    Durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 wurde die Möglichkeit des Täter-Opfer-Ausgleichs, Schadenswiedergutmachung als § 46 a in das Strafgesetzbuch eingefügt. Diese Vorschrift ermöglicht es, dem von einer Straftat Betroffenen unter Zuhilfenahme eines Schlichters mit dem Täter zu einem Ausgleich zu kommen, der von einer Entschuldigung über Schadenswiedergutmachungsleistungen bis zur Zahlung von Schmerzensgeld reichen kann. Falls es so gelingt, zwischen dem Opfer einer Straftat und dem Täter eine einvernehmliche Lösung zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens zu schaffen, kann das Gericht bei der Verurteilung des Täters die Strafe mildern oder ganz von Strafe absehen.

  • Was Sie über das Jugendstrafrecht wissen sollten

    Da das Jugendstrafrecht nicht wie das Erwachsenenstrafrecht den Schuldausgleich verfolgt, sondern ein Erziehungsstrafrecht ist, enthält das Jugendgerichtsgesetz (JGG) Sonderregelungen, deren wichtigste ist, dass die Geld- und Freiheitsstrafen, die das Strafgesetzbuch für die Begehung von Straftaten androht, bei Anwendung des Jugendstrafrechts nicht gelten. Das Jugendstrafrecht findet nicht nur auf Jugendliche (14-18 Jahre), sondern auch auf Heranwachsende (18-21 Jahre) Anwendung, wenn sie bei Tatbegehung in ihrer Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstanden oder es sich bei der Tat um eine Jugendverfehlung handelte (§ 105 JGG). Näheres erfahren Sie in den Richtlinien des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg für die Bearbeitung von Jugendstrafsachen bei den Staatsanwaltschaften.

    Da das Jugendstrafrecht nicht wie das Erwachsenenstrafrecht den Schuldausgleich verfolgt, sondern ein Erziehungsstrafrecht ist, enthält das Jugendgerichtsgesetz (JGG) Sonderregelungen, deren wichtigste ist, dass die Geld- und Freiheitsstrafen, die das Strafgesetzbuch für die Begehung von Straftaten androht, bei Anwendung des Jugendstrafrechts nicht gelten. Das Jugendstrafrecht findet nicht nur auf Jugendliche (14-18 Jahre), sondern auch auf Heranwachsende (18-21 Jahre) Anwendung, wenn sie bei Tatbegehung in ihrer Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstanden oder es sich bei der Tat um eine Jugendverfehlung handelte (§ 105 JGG). Näheres erfahren Sie in den Richtlinien des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg für die Bearbeitung von Jugendstrafsachen bei den Staatsanwaltschaften.

  • Was Sie über die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg wissen sollten

    Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg wurde vom Justizminister mit Wirkung vom 1. Dezember 1991 in Potsdam errichtet. Mit Wirkung vom 1. September 1993 erfolgte die Verlegung des Dienstsitzes nach Brandenburg an der Havel im Hinblick auf die mit dem Übergang von der Gerichtsstruktur der DDR auf die des Gerichtsverfassungsgesetzes verbundene Errichtung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 1. Dezember 1993, weil die Generalstaatsanwaltschaften den Oberlandesgerichten zugeordnet sind. Das Gerichtsverfassungsgesetz verwendet daher die Bezeichnung Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, während die Bezeichnung Generalstaatsanwaltschaft dem Namen des Leiters derartiger Behörden folgt. Erster Generalstaatsanwalt des Bundeslandes Brandenburg war Dr. Joachim Kraft, dem vom 1. März 1996 bis 31. März 2018 Prof. Dr. Erardo Cristoforo Rautenberg (Lebenslauf, Publikationsverzeichnis) folgte. Vom 17. Juni 2019 bis zu ihrer Ernennung zur Justizministerin des Landes Brandenburg am 20. November 2019 war Frau Susanne Hoffmann Generalstaatsanwältin. Seit dem 1. Juni 2020 ist Herr Dr. Andreas Behm Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg. Die Behörde gliedert sich in zwei Abteilungen und verfügt über etwa 60 Mitarbeiter. Insgesamt sind bei der Generalstaatsanwaltschaft und den vier Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg um die 760 Bediensteten tätig. Einzelheiten des Personalbestands erfahren Sie unter „Statistik".

    Im Juni 2007 ist die Generalstaatsanwaltschaft von einem Mehrzweckgebäude in der Kirchhofstraße (1-2), wo sie seit September 1993 in angemieteten Räumen vorläufig untergebracht war, in ihr endgültiges Dienstgebäude in der Steinstraße 61 umgezogen. Dort befanden sich zuvor das Amtsgericht (bis April 2004) und davor das Kreisgericht mit der Kreisstaatsanwaltschaft (bis November 1993) sowie Teile der erhalten gebliebenen Bibliothek des bis Anfang des 19. Jahrhunderts tätigen Brandenburger Schöppenstuhls als höchstes Gericht der Mark Brandenburg, die seit  Sommer 1963 in Berlin verwahrt wird.

    Der Generalstaatsanwältin/dem Generalstaatsanwalt, die/der ihreseites/seinerseits dem Justizministerium unterstellt ist, obliegt die Aufsicht über die Staatsanwaltschaften seines Geschäftsbereichs. Im Einzelnen entscheidet er über Beschwerden von Anzeigeerstattern gegen die Einstellung von Ermittlungsverfahren durch die nachgeordneten Staatsanwaltschaften (Aktenzeichen -Az-: Zs) und führt auch dadurch die Aufsicht, dass er sich über die Sachbehandlung in bedeutsamen Verfahren der Staatsanwaltschaften berichten lässt (Az: AR). Eine weitere wichtige Aufgabe der Generalstaatsanwaltschaft besteht in der Wahrnehmung der staatsanwaltlichen Funktion in den beim Oberlandesgericht anhängigen Verfahren, wobei es sich um Revisionen gegen Urteile der Amtsgerichte in Strafsachen (Az: Ss), um Rechtsbeschwerden bzw. Anträge auf Zulassung der Rechtsbeschwerde in Ordnungswidrigkeitssachen (Az: Ss-Owi), um sofortige und weitere Beschwerden (Az: Ws) sowie um Haftprüfungssachen (Az: HEs) handelt. Eigene Ermittlungsverfahren, die zu einer Anklage beim Oberlandesgericht führen können (Az: OJs), führt die Generalstaatsanwaltschaft im Allgemeinen nicht. Bis auf wenige Ausnahmen wird in den sog. Staatsschutz-Strafsachen das Amt der Staatsanwaltschaft primär durch den Generalbundesanwalt ausgeübt (vgl. §§ 120 Abs. 1 und 2, 142a Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz). Ein solcher Ausnahmefall war etwa die Anklageerhebung in einem Verfahren wegen des Vorwurfs der Bildung einer terroristischen Vereinigung (§ 129a Strafgesetzbuch) im November 2004, das der originär zuständige Generalbundesanwalt an die brandenburgische Generalstaatsanwaltschaft wegen „minderer Bedeutung" abgegeben hatte (vgl. §§ 120 Abs. 1 Nr. 6, 142a Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Nach den vom Brandenburgischen Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 7. März 2005 getroffenen Feststellungen hatten Jugendliche und Heranwachsende unter Führung eines Abiturienten eine terroristische Vereinigung mit dem Namen Freikorps Havelland gegründet, die sich die Vertreibung von Ausländern aus dem Havelland durch Brandanschläge auf Imbissbuden zum Nachteil ausländischer Mitbürger zum Ziel gesetzt hatte. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen fünf Gründungsmitglieder bestätigt, die auch selbst Brandanschläge begangen hatten. Unterdessen ist mit Inkrafttreten des Staatsvertrages zwischen den Ländern Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt über die Übertragung der Zuständigkeit in Staatsschutz-Strafsachen (GVBl.I/11, Nr. 01) am 1. April 2011 eine zentrale erstinstanzliche Zuständigkeit des Kammergerichts Berlin für alle Staatsschutz-Strafsachen aus den Ländern Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt geschaffen worden. Als Folge der gerichtlichen Zuständigkeitskonzentration obliegt die Wahrnehmung der Amtsverrichtungen der Staatsanwaltschaft in entsprechenden Verfahren, die vom Generalbundesanwalt an die Landesstaatsanwaltschaft abgegeben werden, nunmehr der dem Kammergericht zugeordneten Generalstaatsanwaltschaft Berlin.

    Mit Inkrafttreten des 48. Strafrechtsänderungsgesetzes am 1. September 2014 ist § 108e Strafgesetzbuch (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern) neu geregelt und in seinem Anwendungsbereich deutlich erweitert worden. Zugleich hat der Gesetzgeber bestimmt, dass die Oberlandesgerichte für die erstinstanzliche Verhandlung und Entscheidung derartiger Tatvorwürfe zuständig sind. Demgemäß ist die dem Brandenburgischen Oberlandesgericht als Ermittlungs- und Anklagebehörde zugeordnete Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg nunmehr auch für alle im Land geführten Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern gemäß § 108e des Strafgesetzbuches originär zuständig.

     

    Weiter ist die Generalstaatsanwaltschaft zuständig für berufsrechtliche Verfahren gegen Rechtsanwälte (Az: EV) und Steuerberater (Az: StV), Rehabilitierungsverfahren in DDR-Strafsachen (Az: Reha), Strafentschädigungssachen nach dem Strafentschädigungsgesetz (Az: StrEG), Auslieferungs- und Rechtshilfesachen (Az: Ausl), sowie Fiskusprozeßsachen (Az: FP), d.h. in bestimmten Verfahren vor den Zivilgerichten wird das Land Brandenburg von der Generalstaatsanwältin/dem Generalstaatsanwalt vertreten. Einzelheiten des Geschäftsanfalls erfahren Sie unter „Statistik".

    Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist zudem landesweit zuständige obere Justizverwaltungsbehörde für die vier Staatsanwaltschaften in Cottbus, Frankfurt (Oder), Neuruppin und Potsdam (zum Geschäftsanfall siehe unter „Statistik") sowie Sitz der zentralen IT-Stelle der mit dem ganzheitlichen IT-System MESTA (Mehrländer-Staatsanwaltschaft-Automation) ausgestatteten brandenburgischen Staatsanwaltschaften, das auch in den Bundesländern Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verwendet wird. Am 5. Juni 2009 erhielt die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg für das IT-Programm SAS (Staatsanwaltschaftliches Automatisiertes Schreibwerk) in Brüssel eine Sonderauszeichnung für innovative Praktiken bei Organisation und Verfahren der Strafjustiz. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte sich um den vom Europarat und der Europäischen Kommission erstmals ausgelobten Preis „Kristallene Waage der Strafjustiz" beworben und war mit ihrem Projekt unter die letzten vier von 35 Bewerbungen gekommen. 

    Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg wurde vom Justizminister mit Wirkung vom 1. Dezember 1991 in Potsdam errichtet. Mit Wirkung vom 1. September 1993 erfolgte die Verlegung des Dienstsitzes nach Brandenburg an der Havel im Hinblick auf die mit dem Übergang von der Gerichtsstruktur der DDR auf die des Gerichtsverfassungsgesetzes verbundene Errichtung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 1. Dezember 1993, weil die Generalstaatsanwaltschaften den Oberlandesgerichten zugeordnet sind. Das Gerichtsverfassungsgesetz verwendet daher die Bezeichnung Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, während die Bezeichnung Generalstaatsanwaltschaft dem Namen des Leiters derartiger Behörden folgt. Erster Generalstaatsanwalt des Bundeslandes Brandenburg war Dr. Joachim Kraft, dem vom 1. März 1996 bis 31. März 2018 Prof. Dr. Erardo Cristoforo Rautenberg (Lebenslauf, Publikationsverzeichnis) folgte. Vom 17. Juni 2019 bis zu ihrer Ernennung zur Justizministerin des Landes Brandenburg am 20. November 2019 war Frau Susanne Hoffmann Generalstaatsanwältin. Seit dem 1. Juni 2020 ist Herr Dr. Andreas Behm Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg. Die Behörde gliedert sich in zwei Abteilungen und verfügt über etwa 60 Mitarbeiter. Insgesamt sind bei der Generalstaatsanwaltschaft und den vier Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg um die 760 Bediensteten tätig. Einzelheiten des Personalbestands erfahren Sie unter „Statistik".

    Im Juni 2007 ist die Generalstaatsanwaltschaft von einem Mehrzweckgebäude in der Kirchhofstraße (1-2), wo sie seit September 1993 in angemieteten Räumen vorläufig untergebracht war, in ihr endgültiges Dienstgebäude in der Steinstraße 61 umgezogen. Dort befanden sich zuvor das Amtsgericht (bis April 2004) und davor das Kreisgericht mit der Kreisstaatsanwaltschaft (bis November 1993) sowie Teile der erhalten gebliebenen Bibliothek des bis Anfang des 19. Jahrhunderts tätigen Brandenburger Schöppenstuhls als höchstes Gericht der Mark Brandenburg, die seit  Sommer 1963 in Berlin verwahrt wird.

    Der Generalstaatsanwältin/dem Generalstaatsanwalt, die/der ihreseites/seinerseits dem Justizministerium unterstellt ist, obliegt die Aufsicht über die Staatsanwaltschaften seines Geschäftsbereichs. Im Einzelnen entscheidet er über Beschwerden von Anzeigeerstattern gegen die Einstellung von Ermittlungsverfahren durch die nachgeordneten Staatsanwaltschaften (Aktenzeichen -Az-: Zs) und führt auch dadurch die Aufsicht, dass er sich über die Sachbehandlung in bedeutsamen Verfahren der Staatsanwaltschaften berichten lässt (Az: AR). Eine weitere wichtige Aufgabe der Generalstaatsanwaltschaft besteht in der Wahrnehmung der staatsanwaltlichen Funktion in den beim Oberlandesgericht anhängigen Verfahren, wobei es sich um Revisionen gegen Urteile der Amtsgerichte in Strafsachen (Az: Ss), um Rechtsbeschwerden bzw. Anträge auf Zulassung der Rechtsbeschwerde in Ordnungswidrigkeitssachen (Az: Ss-Owi), um sofortige und weitere Beschwerden (Az: Ws) sowie um Haftprüfungssachen (Az: HEs) handelt. Eigene Ermittlungsverfahren, die zu einer Anklage beim Oberlandesgericht führen können (Az: OJs), führt die Generalstaatsanwaltschaft im Allgemeinen nicht. Bis auf wenige Ausnahmen wird in den sog. Staatsschutz-Strafsachen das Amt der Staatsanwaltschaft primär durch den Generalbundesanwalt ausgeübt (vgl. §§ 120 Abs. 1 und 2, 142a Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz). Ein solcher Ausnahmefall war etwa die Anklageerhebung in einem Verfahren wegen des Vorwurfs der Bildung einer terroristischen Vereinigung (§ 129a Strafgesetzbuch) im November 2004, das der originär zuständige Generalbundesanwalt an die brandenburgische Generalstaatsanwaltschaft wegen „minderer Bedeutung" abgegeben hatte (vgl. §§ 120 Abs. 1 Nr. 6, 142a Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Nach den vom Brandenburgischen Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 7. März 2005 getroffenen Feststellungen hatten Jugendliche und Heranwachsende unter Führung eines Abiturienten eine terroristische Vereinigung mit dem Namen Freikorps Havelland gegründet, die sich die Vertreibung von Ausländern aus dem Havelland durch Brandanschläge auf Imbissbuden zum Nachteil ausländischer Mitbürger zum Ziel gesetzt hatte. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen fünf Gründungsmitglieder bestätigt, die auch selbst Brandanschläge begangen hatten. Unterdessen ist mit Inkrafttreten des Staatsvertrages zwischen den Ländern Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt über die Übertragung der Zuständigkeit in Staatsschutz-Strafsachen (GVBl.I/11, Nr. 01) am 1. April 2011 eine zentrale erstinstanzliche Zuständigkeit des Kammergerichts Berlin für alle Staatsschutz-Strafsachen aus den Ländern Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt geschaffen worden. Als Folge der gerichtlichen Zuständigkeitskonzentration obliegt die Wahrnehmung der Amtsverrichtungen der Staatsanwaltschaft in entsprechenden Verfahren, die vom Generalbundesanwalt an die Landesstaatsanwaltschaft abgegeben werden, nunmehr der dem Kammergericht zugeordneten Generalstaatsanwaltschaft Berlin.

    Mit Inkrafttreten des 48. Strafrechtsänderungsgesetzes am 1. September 2014 ist § 108e Strafgesetzbuch (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern) neu geregelt und in seinem Anwendungsbereich deutlich erweitert worden. Zugleich hat der Gesetzgeber bestimmt, dass die Oberlandesgerichte für die erstinstanzliche Verhandlung und Entscheidung derartiger Tatvorwürfe zuständig sind. Demgemäß ist die dem Brandenburgischen Oberlandesgericht als Ermittlungs- und Anklagebehörde zugeordnete Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg nunmehr auch für alle im Land geführten Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern gemäß § 108e des Strafgesetzbuches originär zuständig.

     

    Weiter ist die Generalstaatsanwaltschaft zuständig für berufsrechtliche Verfahren gegen Rechtsanwälte (Az: EV) und Steuerberater (Az: StV), Rehabilitierungsverfahren in DDR-Strafsachen (Az: Reha), Strafentschädigungssachen nach dem Strafentschädigungsgesetz (Az: StrEG), Auslieferungs- und Rechtshilfesachen (Az: Ausl), sowie Fiskusprozeßsachen (Az: FP), d.h. in bestimmten Verfahren vor den Zivilgerichten wird das Land Brandenburg von der Generalstaatsanwältin/dem Generalstaatsanwalt vertreten. Einzelheiten des Geschäftsanfalls erfahren Sie unter „Statistik".

    Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist zudem landesweit zuständige obere Justizverwaltungsbehörde für die vier Staatsanwaltschaften in Cottbus, Frankfurt (Oder), Neuruppin und Potsdam (zum Geschäftsanfall siehe unter „Statistik") sowie Sitz der zentralen IT-Stelle der mit dem ganzheitlichen IT-System MESTA (Mehrländer-Staatsanwaltschaft-Automation) ausgestatteten brandenburgischen Staatsanwaltschaften, das auch in den Bundesländern Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verwendet wird. Am 5. Juni 2009 erhielt die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg für das IT-Programm SAS (Staatsanwaltschaftliches Automatisiertes Schreibwerk) in Brüssel eine Sonderauszeichnung für innovative Praktiken bei Organisation und Verfahren der Strafjustiz. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte sich um den vom Europarat und der Europäischen Kommission erstmals ausgelobten Preis „Kristallene Waage der Strafjustiz" beworben und war mit ihrem Projekt unter die letzten vier von 35 Bewerbungen gekommen.